Von Reiner Züll
Kall – Es war ein Jubiläumsauftakt nach Maß, den die Kaller anlässlich des 111-jährigen Bestehens des Karnevalsvereins „Löstige Bröder“ unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister Herbert Radermacher in der Bürgerhalle erlebten. Mit einem fünfstündigen Programm, in dessen Mittelpunkt die Proklamationen des Prinzenpaares und der Jugendprinzessin standen, startete der Verein in die Session 2015, in der er seinen Schnapszahl-Geburtstag feiert. Erstmals wurden deshalb auch die Tollitäten schon im November inthronisiert. Als Jubiläumsprinzenpaar führen Hans II. und Gabi I. (Lambert) die Kaller Jecken durch die fünfte Jahreszeit. Die 13-jährige Lara II. (Blatt) ist die erste Jugendprinzessin der „Löstige Bröder.
Die ersten Glückwünsche zum 111. Geburtstag bekamen den „Löstige Bröder“ von der Musikkapelle, die während des offiziellen Teils des Abends für den guten Ton sorgte. Die Musiker hatten eigens Buttons mit einer Glückwunsch-Botschaft geschaffen, die sie vor der Veranstaltung verteilten.
Mit dem Einmarsch des Präsidenten Werner Keutgen und des Moderators Ralph Drehsen begann der Festabend. Dann stieg als erster der Schirmherr und Bürgermeister Herbert Radermacher in die Bütt - ausstaffiert mit einem Schirm in den rot-weißen Vereinsfarben der „Löstige Bröder“. Das Gemeindeoberhaupt blickte in einem lustigen Vortrag auf das 111-jährige Vereinsgeschehen zurück. Radermacher („Ihr habt es geschafft, den Bürgermeister in die Bütt zu bekommen“) dankte dem Verein für die finanzielle Unterstützung der Jugendeinrichtung „Schüler“, der die Löstigen Bröder drei Euro je Eintrittskarte zukommen lassen.
Mit seinem Stellvertreter Norbert Niebes war Heribert Kaptain, der Präsident des Regionalverbandes Düren(RVD), dem 126 Karnevalsgesellschaften angehören, zum Festabend gekommen, um dem Vorsitzenden Werner Keutgen zum „seltenen Jubiläum“ zu gratulieren und um eine Ehrenurkunde des RVD zu übereichen. Kaptain bezeichnete Kall als Karnevalshochburg, in der die Menschen dem närrischen Brauchtum über einen Zeitraum von 111 Jahren die Treue gehalten hätten.
Mit dem Intermezzo-Theater mit Johnnie Wegmann und Stefan Kupp präsentierte Moderator Ralph Drehsen ein Duo, das die letzten 111 Jahre Revue passieren ließ. In monatelanger Arbeit hatte Musiker-Urgestein Johnnie Wegmann eine musikalische Betrachtung der 111-Geschichte der „Löstige Bröder“ geschrieben. Auch zwei Stromausfälle - verursacht durch einen Kabelschaden am Kühlwagen vor der Halle - konnten das Intermezzo-Theater nicht aus der Fassung bringen: „Wir schreiben das Jahr 1944 – es gab wieder Strom“, setzt Johnnie Wegmann seinen historischen Vortrag nach der zweiten Unterbrechung fort.
Danach hatten Präsident Werner Keutgen und dessen Stellvertreterin Trixi Haseleu auf der Bühne alle Hände voll zu tun: Es galt eine große Anzahl treuer Jecken zu ehren, die dem Verein seit mehr als 44, 33 oder 22 Jahren angehören. Damit der der Zeitrahmen beim Jubiläumsabends nicht überschritten wurde, werden die mehr als 100 Mitglieder, die seit über 11 Jahren Mitglied sind, später bei der Hofburgeröffnung am 24. Januar im Saal Gier geehrt.
Mit der Verabschiedung des noch amtierenden Kinderprinzenpaares Jonas Dreßen und Lara Zaun wurde die Proklamation der Jugendprinzessin Lara II. (Blatt) eingeläutet. Leider habe sich kein Kinderprinz gefunden, aber Lara werde auch allein als Jugendprinzessin den karnevalistischen Nachwuchs souverän regieren, war sich Löstige-Bröder-Präsident Werner Keutgen sicher. Die offizielle Schlüsselübergabe durch Bürgermeister Herbert Radermacher und ein Tanz der „Kallbachmückchen“, denen Lara angehört, komplettierten die Inthronisierung der Jugendprinzessin.
Auch für das Prinzenpaar Harald und Simone Thelen endete die Amtszeit mit der Inthronisierung ihrer Nachfolger, deren Saal-Einzug mit großer Spannung erwartet wurde. Erst als Prinz Hans II. (Lambert) mit seiner Prinzessin Gabi I. im Funkenregen von fast vierhundert Wunderkerzen und in Begleitung der Prinzengarde die Bühne eroberten, war das Geheimnis gelüftet. So mancher im Saal musste erkennen, dass er auch diesmal wieder mit seinem Tipp, wer wohl Prinz in Kall werde, falsch gelegen hatte.
Und so entschuldigte sich auch Prinz Hans II. bei seinen Freunden, dass er sie in den letzten Wochen habe belügen müssen, um das Geheimnis nicht vorzeitig zu lüften. Nach der Schlüsselübergabe durch den Bürgermeister und einem Tanz der Kallbachmücken rief das neue Prinzenpaar die Kaller auf, sich an allen Veranstaltungen und vor allem am Karnevalszug der Löstige Bröder zu beteiligen.
Erst nach der Proklamation wurde dann die Jubiläums-Festschrift unters Volk gebracht. Auch sie hatte größter Geheimhaltung unterlegen und war unter Verschluss gehalten worden, weil die Broschüre schließlich die Fotos der neuen Tollitäten enthielt.
Mit einem, von den Kallern mit Spannung erwarteten Vortrag brachten die Rotröcke des Vereins mit dem Pianisten Stefan Kupp das 64 Jahre alte Kaller Karnevalslied „Mir sen die löstije Bröder vun Kall“ wieder auf die Bühne. In der Session 1949/50 hatte der damalige Kappenfreund Mathias Reul die Vereins-Hymne geschaffen, die jedoch im Verlauf der Jahrzehnte in Vergessenheit geriet und inzwischen unbekannt war. Den Kallern gefiel das Lied, so dass die „Chorknaben“ des Vereins es zweimal vortragen mussten.
Die Auftritte des Herrenballetts „Barbie Girls“ aus Effelsberg und des belgischen Büttenredners Werner Heck („Et Hühldöppe“) waren weitere karnevalistische Glanzpunkte, bevor die Showfanfaren aus Ripsdorf mit Musikzug und Showtanzgruppe ein musikalisches und tänzerischen Feuerwerk abbrannten.
Das offizielle Programm beendete die Showtanzgruppe der „Löstige Bröder“, die das Publikum im Saal mit akrobatischen Tänzen und Flugeinlagen begeisterte. Einen glanzvollen Schlusspunkt des Abends setzte die Band „Déjà Vue“, die kurz vor Mitternacht zu den Instrumenten griff, damit die Gäste noch einige Stunden das Tanzbein schwingen konnten.